Hallo zusammen,
ich bin zum ersten Mal in einem Forum, weil ich nicht mehr weiter weiß und mich gerne mit anderen Betroffenen austauschen möchte um so vielleicht Hilfe zu finden. Ich könnte einen Roman über das, was ich in den letzten 1,5 Jahren erlebt habe, schreiben, versuche aber mich möglichst kurz zu fassen.
Ende 2013 habe ich meinen jetzigen Freund kennengelernt. Am Anfang war alles schön und er ist meine große Liebe, doch bereits nach kurzer Zeit sind Dinge vorgefallen, die ich mir lange Zeit nicht erklären konnte. Wir führen eine Wochenendbeziehung, da zwischen uns eine Entfernung von knapp 120 km liegt, heißt also, ich bekomme von seinem Leben kaum etwas mit.
Es fing damit an, dass er sich ohne ersichtlichen Grund vorwiegend am Wochenende und Tage danach plötzlich nicht mehr gemeldet hat, feste Verabredungen einfach nicht eingehalten hat und schließlich auf mein Drängen und Nachfragen hin meist Tage später mit irgendwelchen Geschichten ankam, von wegen, er hätte seine Ruhe gebraucht, hatte Stress auf der Arbeit, musste einem Kollegen helfen etc. Die Liste der Gründe war lang und teilweise sogar ziemlich glaubhaft. Auf intensives Nachhacken meinerseits hat er oft mit gereiztem Verhalten oder purem Ignorieren reagiert. Bloß keine Gespräche oder Emotionen, weder per Whats App, am Telefon, und schon gar nicht persönlich. Einige Zeit danach hat er sich immer wieder bei mir für sein Verhalten entschuldigt, mir gesagt, dass er mich liebt, er sich ändern will, ich seine Traumfrau bin, alles besser wird usw. Damals habe ich dazu geneigt, ihm extrem hinterher zu telefonieren und zu schreiben, was ich heute nicht mehr tue, weil ich weiß, dass es einfach nichts bringt.
Irgendwann fing er an, sich immer wieder Geld von mir zu leihen. Entweder weil sein Lohn erst später kam oder die teure Autoreparatur dazwischen gekommen ist oder irgendeine Versicherung fällig war. Die Gründe waren zahlreich und ich habe ihm immer wieder geglaubt und aus Mitleid geholfen. Am Anfang des Monats war schon kein Geld mehr auf seinem Konto und das Geld, was ich ihm gegeben hatte, war nach 1-2 Tagen ausgegeben. Er brauchte immer ganz kurzfristig Geld, was ich ihm dann über Western Union geschickt und noch hohe Gebühren dafür gezahlt habe. Es kam mir alles komisch vor, aber ich war aus irgendeinem Grund nie misstrauisch, weil ich ihm einfach glaubte und helfen wollte. Heute weiß ich, dass an diesen Tagen wichtige Fußballspiele bevorstanden. Ich habe ihm bis heute einige tausend Euro geliehen, die ich gar nicht oder nur bruchteilhaft zurückbekommen habe. Er hatte immer gut bezahlte, aber häufig wechselnde Jobs (Montage) und keine feste Wohnung. Wenn wir ausgegangen sind habe ich immer alles bezahlt.
Mein Verdacht für sein ablehnendes Verhalten war damals, dass er eine andere Frau kennengelernt hat. So begann ich, ihn zu kontrollieren, soweit dies über die Entfernung möglich war, und kontaktierte über Facebook eine Bekannte von ihm, die mich fragte, ob ich denn wüsste, dass mein Freund nie Geld hätte. Ich hatte sie gar nicht darauf angesprochen und war sehr überrascht über diese Frage. Sie erzählte mir dann, dass mein Freund regelmäßig Oddset spielt und gerade heute fast 2000 Euro verloren hätte. Damals wusste ich weder was Oddset überhaupt ist, noch konnte ich mir vorstellen, dass jemand süchtig nach so etwas sein könnte. Irgendwie hatte ich damals einen Schleier vor Augen und fand das ganze total absurd. Außerdem dachte ich, diese Bekannte will uns auseinander bringen. Er hat zwar immer gerne und oft Fußball geschaut, aber eine Sucht habe ich dahinter nie vermutet. Mein Verdacht hat sich irgendwann sogar in eine komplett falsche Richtung bewegt. Ich nahm an, dass er vielleicht Poker spielt, weil er das früher hier und da mal gemacht hat. Aber das war es nicht.
Irgendwann wurde ihm meine Kontrolle schließlich zu viel und er machte nach vielen Streitereien Schluss. Das war im August 2014. Ich war psychisch komplett am Ende und hatte einen totalen Zusammenbruch, war 6 Wochen nicht arbeitsfähig. Ich muss dazu sagen, ich liebte meinen Freund sehr und hatte damals durch seinen immer wiederkehrenden, mir unerklärlichen Rückzug vor mir eine emotionale Anbhängigkeit zu ihm aufgebaut. Ich bekam Panikattaken, wenn er sonntags heimgefahren ist, aus Angst, er meldet sich wieder nicht bei mir. Nach der Trennung waren wir kurz wieder zusammen und schließlich habe ich es geschafft, mich endgültig von ihm zu lösen, weil ich nicht mehr konnte. Wir hatten dann auch keinen Kontakt mehr, da er auf Montage war. Es war damals gut so, aber ich konnte ihn nie richtig vergessen, weil ich den Grund für die Trennung nie verstanden habe.
Dann nach knapp 2 Monaten stand er plötzlich unangekündigt vor meiner Tür und hat wochenlang um meine Liebe gekämpft. Er wollte mich unbedingt zurückgewinnen und hat mir dafür sämtliche Liebesbeweise und Versprechen gemacht. Da habe ich plötzlich wieder den liebevollen und lustigen Menschen gesehen, in den ich mich verliebt hatte. Ich gab ihm schließlich voller Hoffnung eine 2. Chance. Im November letzten Jahres sind wir dann wieder zusammengekommen. Ab da war unsere Liebe tatsächlich viel ernster, stärker und aufrichtiger als jemals zuvor. Er hat sich sehr um mich bemüht und sich in vielen Dingen zum positiven geändert, aber nun nach knapp 9 Monaten stehe ich wieder vor der gleichen Situation wie letztes Jahr, nur mit dem Unterschied, dass ich mittlerweile auf Grund diverser Lügen und eindeutiger Beweise zu 100 % weiß, dass er süchtig nach diesen Sportwetten ist. Und ich bin gerade dabei, mein ganzes Leben hier aufzugeben, um zu ihm zu ziehen und ihn zu unterstützen.
Außer einer Freundin wissen meine Familie und Freunde nichts von unseren Problemen. Vielleicht kann es nicht jeder hier verstehen, aber ich liebe diesen Mann aufrichtig und von ganzem Herzen und bin der Ansicht, dass man seinen Partner nicht einfach fallen lassen sollte wenn es schwierig wird. Mir ist klar, dass man einem Süchtigen nicht helfen kann, höchstens dadurch, dass man ihn fallen lässt. Die Erfahrung habe ich bereits mehrfach gemacht. Habe ich mich von ihm distanziert, ist er wieder angekommen, habe ich ihn aber unter Druck gesetzt, hat er sich von mir distanziert. Ich habe Höhen und Tiefen erlebt und emotional viel leiden müssen, habe selbst auf vieles verzichtet, gekämpft, und meine eigenen Bedürfnisse oft hinten angestellt. Ich bin innerlich total kaputt, aber nach außen immer stark.
Nun befinde ich mich gerade in einer akuten Situation. Ich habe ihm vor einer Woche konkret klar gemacht, dass ich weiß, dass er süchig und krank ist und er mich mehrfach angelogen hat. Beweise dafür habe ich genug. Zum ersten Mal habe ich das Kind beim Namen genannt. Seitdem meldet er sich nicht mehr, ignoriert all meine Nachrichten und kam diese Woche nicht mal zu meiner Geburtstagsfeier. Das war hart und hat mir den bisher größten Schlag versetzt.
Nun steht aber seit heute definitiv fest, dass ich ab Oktober ein neues Leben bei ihm anfangen werde. Ich habe meinen Job gewechselt und gebe hier alles auf. Ich muss an dieser Stelle sagen, dass mein Freund mich in Streitsituationen immer wieder intensiv darum gebeten hat, zu ihm zu kommen, weil er es nur mit mir schaffen könne, ein besseres Leben zu führen. Dabei hat er natürlich nie konkret seine Sucht angesprochen, aber ich habe gespürt, dass diese Worte ihm wirklich ernst waren, daher habe ich mich auch nun letztendlich für diesen großen Schritt entschieden. Er streitet die Spielsucht vehement ab, wird gereizt bis aggressiv bei diesem Thema und nimmt demnach natürlich auch keine Hilfe an. Ich glaube, er denkt wirklich, dass er nicht mehr spielt wenn ich erstmal bei ihm lebe. Mir ist klar, dass das bei einem Süchtigen nicht der Fall sein wird.
Ich liebe diesen Mann über alles und will ihn einfach nicht fallen lassen. Ich weiß, dass es 1000 Gründe dafür gibt, es zu tun, aber ich bin die Einzige in seinem Umfeld, die er noch an sich ran lässt. Er hat 2 kleine Kinder, die mir auch sehr am Herzen liegen. Ich will diesen Menschen einfach nicht aufgeben, weiß aber auch nicht mehr, was ich noch tun kann. Geld bekommt er schon lange nicht mehr von mir. Ich will mit ihm um ein glückliches, suchtfreies Leben kämpfen. Ich weiß, er muss es sich erst mal selbst eingestehen und sich dann in einer Therapie helfen lassen, aber ich kann ihm doch Halt geben oder was meint ihr?
Ich würde mich besonders über Antworten von beroffenen Spielsüchtigen freuen, da ihr euch in seine Situation hineinversetzen könnt und mir vielleicht ein paar gute Tipps geben könnt. Ich bin auch für jede Antwort von betroffenen Angehörigen dankbar. Sorry, dass ich so viel geschrieben habe, aber es ist schwierig, solch eine Thematik in ein paar Sätzen zu erklären. Danke schonmal für's Lesen und eure Feedbacks