Hallo margin_call, hallo an die Runde
ich habe soeben den ein oder anderen Beitrag zu diesem Thema hier entdeckt und bin froh darüber zu lesen.
Die "Karrieren" sind ähnlich und in vielen Punkten finde ich mich wieder.
Es ist ein weiter Weg bis hierher und zugegeben ist es auch nicht so einfach sich immer wieder mit seinen Fehlern zu konfrontieren.
Gerade wenn alles rund läuft und man sein Leben gut im Griff hat, aber wehe man tut es mal ne Weile nicht.
SHG, stationäre Therapie wegen Glücksspiel liegen nun schon 20 Jahre zurück .. und dennoch hab ich erneut nicht aufgepaßt und den Spieler in mir einfach aus den Augen gelassen.
Hab mir Spekulationsgeschäfte als "ok" ausgelegt obwohl ich es ganz genau weiß, dass darin der Grund für meine Privatinsolvenz lag.
Bin kaum aus der Restschuldbefreiung raus, hab alte Freiheiten zurückgewonnen und war fast schon stolz auf die letzten 5 Jahre wo sich alles im nicht existenzgefährdenten Rahmen hielt.
Keine Ahnung was er Auslöser war, der Lockdown? Langeweile? Unzufriedeneit ? Ein paar Euro auf dem Konto ? Oder das Defizit auf bevorstehende Steuernachzahlungen? Ein paar Tausend fehlten nach meiner Berechnung aber ich hatte ja noch Zeit... warum nicht mit ein bischen CFD-Handel das Defizit versuchen zu begleichen... ein kleiner Versuch mit nur 500€.
Genauer gesagt mit CFD-Handel.. Im Ergebnis hab ich es innerhalb von gerade mal 5 Monaten geschafft mein Leben mit Höchstgeschwindigkeit frontal gegen die Wand zu fahren. Es blieb nicht bei 500,-€
In Summe liegt der Fehlbetrag nun im mittleren 5 stelligen Bereich; Geld welches genaugenommen dem Finanzamt gehört.
Grundätzlich ist mir bewußt, dass der überhebelte Handel mit schlechter Kapitalisierung meistens zu keinem guten Ende führt. Ok, man entwickelt sich weiter, verfeinert seine Chartanalyse, versucht seine Fundamentalanlyse stetig zu verbessern, lässt jahrelange Erfahrungswerte die mit teurem Leergeld bezahlt wurden einfließen.. irgendwann bekommt man ein Gefühl für Marktgeschehnisse und trifft im kurzfristigen Handel auch öfter mal die richtige Entscheidung. Aber der Dynamik an den Märken Herr zu werden ist ein illusionäres Ziel.. schon gar nicht für die, die nicht mit entsprechender Marge gegenhalten können zu welchen ich zähle.
Aber es schien für mich dennoch gerade genug um die Illusion "finanzielle Defiziete" durch verbesserten Handel zu kompensieren meiner Vernunft überzuordnen und immer wieder aufs Neue die Hoffnung zu befeuern.
Der Tumor einer solchen Risikoberetschaft:
Als Gewinner gibt es keine Probleme, hinzugewonnene Freiheiten, finanzielle Ungebundenheit, verpuffte Sorgen die Belohnung, das Ergebnis gäbe einem Recht für sei handeln. Eine sehr verlockende und süße Vorstellung. Und ob nun Spieler oder nicht stünde nicht zur Debatte.
Wieder ist der letzte Euro verloren und nun das Erwachen ..wie geht es weiter ? Wo kann ich mir was leihen? Welche Zahlungen lassen sich hinauszögern? Wie stelle ich es an, dass es keiner mitbekommt ? Wann kommt wieder Geld, womit ich vielleicht doch noch eine Chance habe es dann besser zu machen. Sowas von "drauf", dass ich Angst vor mir bekomme.
Ein Teufelskreis aus dessen Sog ich mich nicht befreien kann, aus Angst auf den Blick des bevorstehenden finanziellen Kollapses. Ausblenden so lange es nur irgendwie möglich ist... nun bleibt keine andere Wahl wie sich der Realität zu stellen, die Sache aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Ich erkenne mich als Verlierer wieder, fühle mich schuldig und wünschte es sein nur ein Alptraum gewesen.
Nicht nur das Geld, die Exsitenz die dabei verloren geht, keinen Ausweg über Privatinsolvenz durch eine Sperrfrist von 10 Jahren zu haben wenn man schon mal Restschuldbefreit wurde .... und Geld ist lange nicht alles, man fängt an sich selbst für seine Fehler zu hassen, verbaut den Weg lieben zu können, Beziehungen gehen kaputt, auf kurz oder lang die Gesundheit.
Als Looser darzustehen ist ein verdammt hartes Los und mit das schwerste Eingeständnis.
Die eine Hälfte meines "Doppellebens" stellt den Verlierer dar, die andere, die des Vaters der ein gutes Vorbild sein will und der der einen guten Job macht, es bröckelt gewaltigt.
Mein erster Schritt mich hier und jetzt wieder in die Gemeinde der Spieler zu begeben, ein selbst unterschätzter Schritt. DIe Erkenntnis, Opfer seines eigenen Fehlverhaltens zu sein, es hilft irgendwie schon sich auszutauschen. Aber ich glaube auch, dass es noch wichtiger ist dran zu bleiben.
Die größte Gefahr ist die Verwässerung die mit längerer Abstinenz wächst und Rückfälle begünstigt.
Allen ein schönes Wochenende
VG