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Habe ich aufgehört?
Padawan:
Hallo Zusammen,
gefühlt kenne ich euch alle hier, da ich seit Jahren mitlese. Ich spiele mit Ausnahme eine vier jährigen Unterbrechung rund 20 Jahre und habe mit 18 angefangen. Meine Geschichte ähnelt den gängigen Spielerkarrieren. Trotz der Spielsucht habe ich eine Familie gegründet und zwei Kinder. Von 2010-2012 war meine schlimmste Zeit. Da habe ich wirklich jeden Cent in die Automaten gesteckt und konnte an nichts anderes denken. Auf Anraten meiner Frau begann ich 2012 eine dreivierteljährige ambulante Therapie die bei mir keinen 100 prozentigen Erfolg hatte. Danach ging ich weiterhin spielen aber das zwanghafte verschwand. Ich wurde nicht mehr angezogen sondern entschied bewusst dafür zocken zu gehen. Die Schulden häuften sich an und wir schufen Mechanismen wie ich nicht an Geld komme um es nicht zu verspielen. Die Therapie hat mir, obwohl ich nicht weiß wie, geholfen. Das Kribbeln und zwanghafte verschwand und wenn ich zocken ging, dann war es eine bewusste Entscheidung. Der darauf folgende Kontrollverlust war unterbewusst. Schulden und Dauerstress hatte ich wie alle anderen auch.
Vor zwei Jahren habe ich mit dem Rauchen aufgehört und mir gesagt dass ich keine Zigarette mehr anfassen darf, sonst werde ich wieder süchtig. Es hat ganz gut geklappt und das Verlangen nach Zigaretten ist weg.
Vor ein Jahr habe ich mir gesagt ich gehe in keine Spielo mehr rein. Immer wenn der Gedanke kam du könntest doch ein fuffi in den Automaten werfen verglich ich es mit dem Rauchen. Eine Zigarette und ich bin wieder ein Raucher und ein fuffi und ich bin wieder ein Spieler. Meine Frage an die, die aufgehört haben: Habe ich aufgehört?
Olli:
Guten Morgen und herzlich willkommen!
Ich frage mich gerade, wieso Dir diese Frage so wichtig ist?
Zuächst einmal denke ich, dass wir sie Dir gar nicht beantworten können, da wir Dir nicht hinter die Stirn schauen können.
Doch die Frage an sich ist interessant. Nun, was wissen wir schon: Du hast seit einem Jahr nicht gespielt. Das hast Du zwar nicht direkt gesagt, sondern ergibt sich aus dem Kontext.
Dabei hat Du Dich ganz bewusst gegen das Spielen entschieden. Du konntest die süchtigen Gedanken trennen von den folgenden Entscheidungen.
Doch sie sind noch na - nicht wahr? Macht das Dir Sorge? Wünschst Du Dir deshalb so eine Art Absolution? Eine Gewissheit um irgendwie abzuschließen?
Nun, wenn dem all so sein sollte, dann kann ich Dir versichern, dass diese Gedanken weniger werden bei anhaltender Abstinenz. Gefährdet wirst Du wie wir alle aber wohl Dein restliches Leben bleiben. Für mich sind das aber ungelegte Eier. Wichtig ist da immer nur das Heute und da gibt es eine Gewissheit: Du bist abstinent!
Vielleicht hilft Dir ja eine Gegenfrage: Was hast Du durch Deine Spielfreiheit begonnen? Wiegt das nicht vielleicht weit mehr als die Antwort auf Deine Frage?
Bin mal gespannt, was Du diesebezüglich denkst.
Padawan:
Hallo Olli,
vielen Dank für deine Einschätzung. Ich versuche jetzt auf deine Fragen einzugehen. Ja ich habe Angst wieder in einer Spielhalle zu landen und der Dauerstress in Verbindung mit Geldverschiebung beginnt wieder von vorne los. Seit ich nicht mehr spiele habe ich keine offenen Forderungen, meine Gedanken kreisen nicht um Finanzlöcher die gestopft werden müssen. Was habe ich durch das nicht Spielen gewonnen? Ich würde sagen meinen Geist/Seele zurück die sich endlich wieder mit positiven beschäftigt oder vom positiven ernährt. Viele Ex-Spieler hier nennen es mein Leben zurück.
Ich stelle mir die Frage, da es Zeitbereiche gab an denen ich nicht zocken ging. Da befand ich mich über längere Zeiträume in eine finanziellen Krise und konnte nicht zocken. Das sogenannte Suchtgedächnis wurde nicht gelöscht.
VG
Olli:
Hi Padawan!
--- Zitat ---Ja ich habe Angst wieder in einer Spielhalle zu landen und der Dauerstress in Verbindung mit Geldverschiebung beginnt wieder von vorne los.
--- Ende Zitat ---
Du hast doch hier zwei Möglichkeiten der Betrachtung:
1. Du kostest die Angst mit all ihren Hormonausschüttungen aus und steigerst Dich hinein, bis Du vor lauter Angst nicht mehr weisst wohin mit Dir.
2. Du betrachtest Angst als das was sie ist: ein Schutzmechanismus. Sie erinnert Dich daran, was Du "nicht" willst und was Du Dir aktiv wünschst.
Dies hast Du übrigens schön getrennt in Deiner Antwort.
Ich rede hier selbstredend von einem Maß der Angst, die weit weit unter Panik liegt.
Angst ist ein Blocker, sie behindert. Oft lesen wir hier davon, dass sich die User keine externe Hilfe suchen möchten. In diesem Falle ist sie schädlich und fördert schlussendlich immer die Suchtausübung.
In Deinem Falle behindert sie Dich aber in der Suchtausübung - sie schützt Dich. Nehme sie daher ruhig wie einen Freund an. Sie hält Dich wachsam und achtsam.
Sie wird sich aber im Laufe der Zeit zurückziehen, weil Du Sicherheit erlangst. Daher empfinde ich die Dir gestellten Fragen als ungemein wichtig an.
"Sich bewusst machen" hilft da ungemein. Ich habe so ein wenig den Eindruck, dass Du Dir Deinen Erfolg - ein Jahr Abstinenz - so ein klein wenig klein reden möchtest.
Ohne auf die überhebliche Schiene zu wechseln, darfst Du Dir ruhig erlauben darauf stolz zu sein!
Mache Dir bewusst, was Du bisher erreicht hast! Da wird einem doch warm ums Herz - oder nicht? :)
Dein Suchtgedächtnis wird Dich auch noch eine Zeit lang begleiten. Als jahrelanger Mitleser weisst Du ja, wie das mit den Synapsen im Oberstübchen funktioniert, nur um mal ein Stichwort zu geben.
Ist das denn schlimm?
Gelten die finanziellen Engpässe denn auch für das letzte Jahr? Trotzdem hättest Du Dir doch hier und da einen "Fuffi" fürs Glückspiel abzwacken können, wenn Du gewollt hättest - oder? Hast Du aber nicht!
Da Du nicht explizit darauf eingehst, denke ich mir mal, dass Du keinerlei Nachsorge nach der Therapie betrieben hast?
Wie wäre es denn dies nun zu tun? Da Du nun schon einen guten Abstand zum Glückspiel gefunden hast, wäre das das perfekte Genesungsstadium.
Auch dass Du Dich nach jahrelangem Mitlesen nun hier äußerst, zeigt doch, dass Du bereit dafür bist - oder?
Eine Auffrischung des in der Therapie Erlernten schadet bestimmt nicht. Vielleicht findest Du ja heute Inhalte von damals, die Du einst nicht annehmen konntest - heute aber sehr wohl - weil Du Dich weiter entwickelt hast?!
Padawan:
Hallo Olli,
danke 🙏 für deine Worte. Ich werde versuchen weniger über die Zukunft nachzudenken und mehr im Augenblick zu leben. Hast recht: Ich kann stolz sein Zugriff auf Geld zu haben und nicht zu spielen.
Vielleicht bin ich einfach nur älter geworden und die Gefühlsachterbahn die durchs zocken verursacht wird ist zu viel für mich😂
Auf jeden Fall bin ich ruhiger, gelassener und nichts kann mich wirklich aus der Fassung bringen. Auch ein Ergebnis des Spielens über Jahre. Wir sind abgehärtet.
Ich kann allen nassen Spielern nur raten sich professionelle Hilfe zu suchen. Verhaltenstherapie vor 8 Jahren war mein erste Schritt und bis heute sehe ich es als das einzige was mir geholfen hat.
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