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Die Geschichte eines pathologischen Spielers

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Kweyzi:
Hallo in die Runde!
Mein Name ist Kweyzi 27 Jahre alt und bin mehr oder weniger neu in diesem Forum, zwar habe ich in der Vergangenheit hier gerne mal reingeschaut, mich aber nie wirklich getraut hier ein Konto, oder gar einen Beitrag zu erstellen.

Meine Leidensgeschichte begann im August 2014, in diesem Monat wurde ich 18 Jahre alt und somit war für mich klar, dass ich nun legal ein Konto bei diversen Casino und Wettanbietern erstellen durfte.
Lange hat es nicht gedauert bis ich nach wenigen Monaten mein gesamtes BAföG einzahlte (zu dem Zeitpunkt war ich noch ein Student) und natürlich auch regelmäßig verloren habe.
Ich hing in dieser Zeit so gut wie nur mit Menschen ab, die ein gleiches Verhaltensmuster an den Tag legten, wir hingen einfach rum, suchten den Kick bei Sportwetten oder auch in Spielhallen und Spielbanken.
Der Verlust und die Schulden hielten sich in Grenzen, klar habe ich meistens alles nach wenigen Tagen verzockt, jedoch wusste ich dass ich bloß 2-3 Wochen warten muss bis ich wieder meine Routine fortsetzen kann.

Das ganze ging 3-4 Jahre eigentlich genau so weiter, ich habe mein Studium vernachlässigt und beendete meine Studienzeit im Oktober 2018 ohne Abschluss, wie gesagt, das war in meiner Umgebung traurigerweise ziemlich "normal"
Das Glücksspiel war weiterhin ein großer Bestandteil meines Lebens, ich habe mich jedoch damals in der Spielbank sperren lassen und spielte nur noch in Spielhallen und Wettbüros (damals gab es kein OASIS)
Mal etwas gewonnen, nach wenigen Tagen natürlich wieder alles verloren - das ging Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat. Ich jobbte nach dem Studium bei meinem Vater und hatte ein mehr oder weniger durchschnittliches Einkommen.
Ich bin JEDEN Tag während meiner Arbeitszeit oder auch natürlich danach in die Spielhalle gefahren oder auch ins Wettbüro gegangen um kurz einen Schein abzugeben, Online hatte ich mich bereits bei circa 50 verschieden Anbietern sperren lassen, ich habe mir nach jedem großen Verlust geschworen aufzuhören aber natürlich habe ich nie aufgehört. Zu der Zeit habe ich mir die ersten Schulden aufgebaut, Ich hatte einen aktiven Dispo in höhe von 2300€ (natürlich immer Ausgereizt) und beantrage eine Kreditkarte mit einem Verfügungsrahmen von 1000€. Trotz der Schulden und meinem mangelnden Umgang mit Geld fiel es niemanden in meiner Familie auf dass ich eine Glücksspielsucht habe, ich habe natürlich alles und jeden angelogen, auch mich selbst.

Im Jahr 2019 begann es dann sehr schnell Düster zu werden, ich bekam keine weiteren Kredite und fing an meinen Vater auf Arbeit zu beklauen, erst klaute ich ihm immer wieder 50€-100€ aus seinem Portemonnaie bis mir das nach kurzer Zeit nicht mehr reichte und ich an sein Bankkonto ging. Parallel dazu habe ich auf Ebay 2 Handys verkauft die ich natürlich nicht hatte und beging somit das zweite mal innerhalb kürzester Zeit eine Straftat wegen meiner Spielsucht. Mein Vater ging zur Polizei um eine Abhebung in Höhe von 1000€ anzuzeigen, welcher er nie getätigt hatte und bekam nach wenigen Wochen eine Aufzeichnung von mir, wie ich am Bankautomaten stehe und sein Konto plündere. Unter Tränen fragte er mich wieso ich so etwas mache und ich schwieg und sagte ich weiß es nicht..
Der geschädigte Mann von Ebay erstatte natürlich auch Anzeige und schneller als ich gucken konnte wurde ich vor Gericht zu einer Strafe von 1000€ verurteilt und natürlich musste ich ihm den Kaufpreis der Handys erstatten.
So schnell ging es bergab, nun fing ich an darüber nachzudenken ob das alles so richtig ist, aber meine Sucht hat mich trotzdem jeden Tag ins Casino gezerrt, auch wenn ich kein Geld hatte, kratzte ich meine letzten Cents zusammen um spielen zu gehen.

Das ganze ging mehr oder weniger exzessiv bis zum Jahr 2023 weiter.. Ich habe in der zwischenzeit meinen Eltern von meinem Problem erzählt und mein Vater löste meine Schulden bei der Bank ab und ich war sozusagen auf 0, ich verspielte jeden Monat fleißig mein verfügbares Geld, bekam Gottseidank keine Kredite, versuchte oft irgendwie an Geld zu kommen ohne Straftaten zu begehen, aber es ging nichts.

Im März 2023 war ich 26 Jahre alt und bekam eine Stelle im Vertrieb, zu dieser Zeit spielte ich eigentlich kaum, mal hier 50€ mal da 100€ Wetten, es war aber nicht mehr wirklich Relevant und wusste auch dass ich nun Verantwortung zu tragen habe, inzwischen konnte ich meine Fixkosten decken, bekam keine Briefe vom Inkasso mehr und das Glücksspiel war für mich nicht mehr so Relevant.
Ich beantragte nach wenigen Monaten bereits einen Kredit und bekam rund 50.000€ zur freien Verfügung ausgezahlt, ich kaufte mir ein Auto, richtete meine Wohnung ein, war mit meiner Freundin ein paar mal im Urlaub und lebte einfach etwas besser als sonst. Nun wie Ihr euch schon denken könnt ging das jetzt nicht lange gut. Ich fing wieder an in Crypto Casinos zu spielen, verspielte über 20000€ in wenigen Monaten, das Geld war zum größten Teil weg und ich musste nun mein Auto wieder verkaufen um meine laufenden Kosten zu decken, ich vernachlässigte meinen Job und fing an mehr und mehr zu spielen.
Das ganze ging bis Gestern, ich verspielte in den letzten Monaten unfassbar viel Geld, ich gewann ein wenig, verlor aber natürlich auch das wieder.
Ich habe trotz meiner Sucht und meinem Kontrollverlust nie ALLES verspielt sondern wusste durch meine Vergangheit dass ich es mir nicht erlauben kann wieder in dieses große Loch zu fallen, aus diesem Grund habe ich immer wenn ich mal was gewonnen habe es meiner Freundin oder Schwester gegeben um es für mich aufzubewahren. (Beide wissen von meiner Sucht)

Ich bin aktuell nicht verschuldet, schaffe es über Wochen und Monate hohe Summen an Bargeld zu halten (was früher nie möglich war) und hätte theoretisch die Möglichkeit meine laufenden Kredite zu tilgen, es geht mir aber mehr um diese Gewohnheit, diese psychische Belastung wenn ich wieder vierstellige Beträge innerhalb weniger Stunden einzahle und verliere, ich habe bereits zu allen ebenfalls süchtigen aus der Vergangenheit den Kontakt abgebrochen und möchte mich wieder dem wahren Leben widmen - Ich bin bereit etwas an dieser Abwärtsspirale zu ändern, habe für morgen einen Termin bei einer Suchtberatung und will mich nicht mehr selbst bemitleiden, was ein Idiot ich bin, bringe durch mein Verhalten Freundin & Familie zum heulen, gesteuert von meiner Spielsucht. Ich Plane für die nächsten Monate einen Umzug und eine neue Arbeitsstelle anzufangen, da mich der Job im Vertrieb mich auch nicht wirklich erfüllt hat, ich weiß aber auch nicht was mir spaß machen würde abseits den Glücksspiels was auch seeeehr Belastend ist..
Ich habe es Satt rumzuheulen und dieses Problem nicht anzugehen, manchmal hab ich bloß Angst dass ich da niemals rauskommen werde..

Hat jemand ähnliche Erfahrungen gesammelt? Was hat euch am besten geholfen?

Ich freue mich auf euer Feedback :)




Olli:
Hi und willkommen Kweyzi !

Ich habe mich beim Lesen oft in Deiner Lebensgeschichte wiedergefungen.


--- Zitat ---Ich habe es Satt rumzuheulen und dieses Problem nicht anzugehen, manchmal hab ich bloß Angst dass ich da niemals rauskommen werde..
--- Ende Zitat ---

Nun, Du hast gerade wertvolle Schritte eingeleitet. Genau das ist das Mittel gegen die Glücksspielsucht: ins Handeln kommen!
Es hat sich nicht nur bei mir bestätigt, sondern auch bei all den Spielern, die ich in den Jahren ein Stück weit begleiten durfte: "Das Schwerste am Aufhören ist das Anfangen!"
Egal ob Du in die Suchtberatung gehst, in eine SHG oder zu einem Therapeuten/Psychologen ... alle werden darauf achten, dass Du Dich nicht überforderst bei Deiner Arbeit an der Genesung. Ja, manchmal kann es belastend sein, en gros aber wirst Du die Fortschritte und vor allem die Erfolge spüren. Sie werden Dich motivieren weiter zu machen.
Für mal nicht so rosige Zeiten wirst Du Dir ein Paketchen schnüren, damit Du Dich z.B. in die Arme Deiner Freundin fallen lassen kannst ... oder Du rufst z.B. jemanden aus der Suchthilfe zu Rate.
Du wirst sicherlich auch noch von Anderen hier Resonanzen erfahren. Viele sind bereits langjährig abstinent und haben ihr Leben wieder voll im Griff. Wieso solltest Du eine Ausnahme bilden und es nicht schaffen?

Was nicht geht, das ist zu versuchen das Glücksspiel "im Spiel" zu kontrollieren. Diese Fähigkeit hast Du nicht mehr. Solltest Du weiter spielen, dann behälst Du Deine Gewohnheiten und machst Dir Deine Routinen für die Abstinenz nur um so schwerer. (Routinen: Wiederkehrendes, was mit Aufwand betrieben werden muss: Gewohnheit: Wiederkehrendes, welches ohne Aufwand betrieben werden kann, weil es "in Fleisch und Blut" übergegangen ist. Wenn Du also Routinen etablierst, dann werden sie irgendwann zu Gewohnheiten. Das funktionierte auf dem Weg in die Sucht und genauso funktioniert es auch wieder hinaus!) Ab sofort gilt also die absolute Abstinenz!

Wenn Du magst, dann komme am Samstag ins Webmeeting. Dort kann ich Dir einfacher erklären, wie Du Dich JETZT vor Dir selbst schützen kannst. Der Link zum Meeting steht in meiner Signatur!

Rubbel:
Hey Du :)

Was für ein Studium hattest Du denn begonnen und was wolltest Du mal werden ursprünglich - beruflich, meine ich.
Ansonsten fällt mir gerade wenig ein, außer dass Du evtl. erst mal eine Sache stabil durchziehen solltest. Umzug kostet Geld. Geht dabei was kaputt, muss es ersetzt/erneuert werden=Kosten.
Und der Job? Der gefällt Dir nicht so, und Du willst ihn jetzt unbedingt wechseln, ohne eine gute  Alternative im Kopf zu haben.
Hast Du denn nach dem Studium ne Ausbildung gemacht?
Und noch mal zu 'heute': Was liegt Dir denn? Was macht Dir Spaß? In welchen Fächern warst Du in der Schule gut?
Also insgesamt jedenfalls denke ich: Erst das eine, dann das andere und dann mal gucken, was sich als wichtig herausstellt.
Gerade wirkst Du so, als hättest Du die ganze Zeit bewegungslos im Bett gelegen und wolltest dann bei der Tour de France mitmachen.

Ja, klar: Du willst nicht mehr jammern. Das heißt aber nicht, dass Du jetzt gleich alles vernunftgesteuert angehst. Erst mal weg vom Zocken, empfehle ich Dir. Nicht, dass Du bei mehreren andren Aufgaben ganz vergisst, dass Du einen Tag zuvor noch dachtest, ein Rückfall wäre unmöglich ... Aber dann... 'stehste da'.
Schönen Abend wünsche ich Dir!

Viele Grüße
Rubbel

Kweyzi:
Hey Olli, vielen Dank für deine Antwort!

Wie du bereits gesagt hast, wieso sollte ich es nicht schaffen? Die Zweifel sind leider meinem mangelnden Durchhaltevermögen verschuldet, dieses mal möchte ich aber aktiv etwas in die Hand nehmen! :)


--- Zitat --- Was nicht geht, das ist zu versuchen das Glücksspiel "im Spiel" zu kontrollieren. Diese Fähigkeit hast Du nicht mehr. Solltest Du weiter spielen, dann behälst Du Deine Gewohnheiten und machst Dir Deine Routinen für die Abstinenz nur um so schwerer. (Routinen: Wiederkehrendes, was mit Aufwand betrieben werden muss: Gewohnheit: Wiederkehrendes, welches ohne Aufwand betrieben werden kann, weil es "in Fleisch und Blut" übergegangen ist. Wenn Du also Routinen etablierst, dann werden sie irgendwann zu Gewohnheiten. Das funktionierte auf dem Weg in die Sucht und genauso funktioniert es auch wieder hinaus!) Ab sofort gilt also die absolute Abstinenz!
--- Ende Zitat ---

Damit hast du natürlich absolut Recht, ich habe in der Vergangenheit oftmals versucht kontrolliert zu Pokern, weil ich mir eingeredet habe dass ich ja so ein begnadeter Spieler sei, Pustekuchen - am Ende resultierte immer ein Kontrollverlust.
Ich bin bereit mit allem aufzuhören!
Ich frage mich aber wo ziehe ich hier mein Limit? Darf ich noch in einer geselligen Runde mit meinen Freunden Monopoly spielen? Allgemein sind ja leider viele Spiele vom Zufall/Glück abhängig, die würde ich natürlich auch meiden, frage mich aber einfnach nur wie ihr oder in dem Fall du damit umgegangen bist :)


--- Zitat --- Wenn Du magst, dann komme am Samstag ins Webmeeting. Dort kann ich Dir einfacher erklären, wie Du Dich JETZT vor Dir selbst schützen kannst. Der Link zum Meeting steht in meiner Signatur!

--- Ende Zitat ---
Ist notiert! :)

Kweyzi:
Hey Rubbel, ich danke dir ebenfalls für deine Antwort! :)


--- Zitat ---Ansonsten fällt mir gerade wenig ein, außer dass Du evtl. erst mal eine Sache stabil durchziehen solltest. Umzug kostet Geld. Geht dabei was kaputt, muss es ersetzt/erneuert werden=Kosten.
Und der Job? Der gefällt Dir nicht so, und Du willst ihn jetzt unbedingt wechseln, ohne eine gute  Alternative im Kopf zu haben.
--- Ende Zitat ---
Genau, ich wohne in einer kleinen 1-Zimmer Wohnung, ich habe einfach das Gefühl, dass nach 4 Jahren und nach all der Zeit die ich mit dem Glücksspiel in dieser Wohnung verbracht habe, ein Tapetenwechsel mehr als notwendig erscheint. Es hat sich glücklicherweise eine ziemlich günstige Option angeboten genau diesem Wunsch nachzugehen, kostentechnisch wäre ich bei gleichbleibender Miete in einer größeren Wohnung. :)
Bezüglich meines Jobs gibt es viele Optionen, ich habe überlegt eine Stelle im Vertrieb im Außendienst in Betracht zu ziehen, der Büroalltag macht mich nicht mehr so glücklich wie Anfangs, und gerade im Sommer gibt es für mich nichts schöneres als draußen zu sein.


--- Zitat ---Hast Du denn nach dem Studium ne Ausbildung gemacht?
--- Ende Zitat ---
Leider nicht, ich habe danach tatsächlich nur noch bei meinem Vater gejobbt um mir meine Sucht zu finanzieren, das Azubigehalt wäre in diesem Fall einfach zu wenig gewesen, ich glaube ehrlich gesagt mir hätte da auch ohnehin die Disziplin dazu gefehlt.


--- Zitat ---Gerade wirkst Du so, als hättest Du die ganze Zeit bewegungslos im Bett gelegen und wolltest dann bei der Tour de France mitmachen.
--- Ende Zitat ---
Wäre das falsch? :P  ich meine ich muss ja irgendwas ändern und wie gesagt nach 100 mehr oder weniger ernsthaften Versuchen von der Sucht loszukommen, ist dies der ~101. und hoffentlich der Letzte.


--- Zitat ---Ja, klar: Du willst nicht mehr jammern. Das heißt aber nicht, dass Du jetzt gleich alles vernunftgesteuert angehst. Erst mal weg vom Zocken, empfehle ich Dir. Nicht, dass Du bei mehreren andren Aufgaben ganz vergisst, dass Du einen Tag zuvor noch dachtest, ein Rückfall wäre unmöglich ... Aber dann... 'stehste da'.
--- Ende Zitat ---
Danke für deinen Rat! Ich bin auch der Überzeugung dass die Abstinenz meine größte Priorität sein sollte, es gab in der Vergangenheit nur leider oftmals Faktoren die mich dann einfach wieder dazu gebracht haben zu spielen (Streit mit Familie/Freunden, Langeweile, Einfluss von ebenfalls Abhängigen Kollegen). Diese Faktoren sind mir Bewusst geworden und ich arbeite aktiv daran, dass mich das nicht mehr zum Glücksspiel animiert.

Schönen Abend und gute Nacht! :)

Liebe Grüße Kweizy

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