Hallo ihr Lieben,
ich habe mich seit einiger Zeit durch dieses Forum gelesen und mich nun entschlossen meine Geschichte an der Seite eines Spielers niederzuschreiben, die vor 4 Monaten ihr „widerwilliges“ Ende gefunden hat. Eventuell hilft es mir bei der Verarbeitung der letzten Jahre hier zu schreiben.
Nun zu meiner Geschichte:
Es war das Jahr 2015 als ich meinen Spieler auf der Hochzeit einer Freundin kennenlernte. Er war zu diesem Zeitpunkt 24 Jahre alt, ich 25. Wir kamen ziemlich schnell zusammen. Er war zuvorkommend, liebevoll, hilfsbereit, großzügig und und und…Er wohnte noch bei seiner Mutter, ich zog dann nach und nach schließlich selbst mit dort ein.
Was ich zum damaligen Zeitpunkt natürlich noch nicht wusste, war seine Abhängigkeit von Online-Sportwetten (Fußball).
Er war und ist absolut Fußballbegeistert und so war es normal, dass am Wochenende rund um die Uhr Fußball lief. Oft schaute er gemeinsam mit Kumpels und sie sprachen dann immer etwas von „tippen, wetten“ usw. Ich hatte bis dato keinerlei Berührungspunkte mit diesem Thema und hätte zu diesem Zeitpunkt nie gedacht, dass da eine ernste Sucht dahinterstecken könnte.
Was mir aber bereits am Anfang unserer Beziehung auffiel, war sein immenser Bierkonsum, der mir bereits von Anfang an missfiel…aber gut, ich liebte diese Person und da er noch recht jung war, dachte ich, dass sich dies mit der Zeit legen wird…Es kam dann immer wieder zu Diskussionen und Streit zwischen uns, teilweise kam er schon besoffen von der Arbeit, unsere Sommerabende verbrachten wir im Biergarten usw…
Im Oktober 2018 musste ich berufsbedingt 120 km weit wegziehen. Im Vorfeld war geplant, dass wir uns eine gemeinsame Wohnung nehmen würden, wir waren zu diesem Zeitpunkt ja bereits 3 Jahre zusammen und wohnten immer noch mehr oder weniger mit seiner Mutter unter einem Dach. Doch 2 Monate bevor ich umziehen musste, sagte er mir, dass er erstmal nicht mitkommt, ich müsse alleine umziehen. Ich habe erstmal die Welt nicht mehr verstanden. Von seinen Suchtproblemen und Geldproblemen wusste ich bis dato immer noch nichts.
Ich zog also erstmal alleine um und ab da an führten wir 1 Jahr lang eine Wochenendbeziehung, bis er schließlich 2019 doch noch zu mir zog.
2019 war es auch im November (4 Jahre waren wir also bereits zusammen), als sein Leidensdruck wohl so groß wurde, dass er mir unter Tränen berichtete, dass er ein Problem mit dem „Spielen“ habe. Ich verstand erst nicht richtig, was er meinte, doch dann wurde mir alles klar…er sagte mir dann, dass er bereits ca. 80.000€ Schulden (Kredite) usw. dadurch angehäuft habe und er nicht mehr wüsste, wie er da rauskommen sollte bzw. weiterleben sollte. Er erklärte mir auch, dass er deswegen nicht mit mir umziehen konnte ein Jahr zuvor, da er keinerlei Geld gehabt hätte für einen Umzug und seine Lügenkonstruktion sonst zusammengebrochen wäre. Für mich brach eine Welt zusammen, ich sah meine Zukunft den Bach runtergehen.
Ab diesem Zeitpunkt begann der Kampf für mich bzw uns erst richtig.
In meiner Naivität, aber auch durch Druck seinerseits nahm ich für ihn einen Kredit in Höhe von 20.000€ auf. Er verzockte das Geld jedoch sofort. Er fragte mich immer wieder nach Geld, doch ich versuchte standhaft zu bleiben. Ich zahlte Miete, Strom usw. alles selbst. Er hatte nie einen Cent übrig, denn alles floss in Sportwetten oder Bier.
Es gab keine gemeinsamen Unternehmungen, keine Urlaube usw.
Er wurde zunehmend aggressiver. Sein Versuch alles mit Bier zu betäuben machte mich wütend. Es kam dann jedes Mal eins aufs andere. Er wurde handgreiflich, gehässig, beleidigend…er veränderte während seinen akuten Phasen sein Wesen und wurde zu einem Menschen, den ich nicht kannte. Nichts von seiner liebevollen Art war mehr da, er war mir plötzlich fremd.
Doch auch dann schaffte ich es nie zu gehen und die Beziehung zu beenden, obwohl er mich mit in den Abgrund riss.
Natürlich spielte er immer weiter, belog mich bis zum Schluss, nahm immer wieder neue Kredite auf, machte immer mehr Schulden.
Eine Therapie hielt er immer für zwecklos, die könnten ihm ja eh nicht helfen, keiner könne das.
Er trank immer mehr. Teilweise 8-10 Flaschen Bier am Tag. Bereits frühs ging es los. Meine Angst wurde immer größer, seine aggressiven Ausfälle mir gegenüber immer mehr.
In meiner Angst kontrolliere ich ihn. Zählte leere Bierflaschen, durchwühlte seine Unterlagen nach neuen Kreditverträgen usw.
In dieser Zeit erfuhr ich auch von seiner Mutter, dass sein Vater dieselbe Sucht hatte und die Familie fast in den Ruin trieb. Von ihm hatte er die Spielsucht von Kindesbeinen an übernommen. Er war bzw. ist also seit ca. 20 Jahren spielsüchtig.
Einen erneuten Umzug 2022 finanziere ich wieder komplett allein. Er hatte nach Abzug aller Fixkosten und Ratenzahlungen trotz sehr gutem Gehalt keinen Cent mehr übrig.
Ich schlief kaum noch, quälte mich mit 1-2 Stunden Schlaf zur Arbeit, da er oftmals bis 5 Uhr morgens soff, wenn er von Spätschicht kam und ich nachts dann kein Auge mehr zubekam. Wenn ich von Arbeit kam, öffnete ich schon mit Angst die Türe zur Wohnung. Angst vor dem, was mich wieder erwarten könnte. Oftmals lag er betrunken im Bett, in der Küche stapelten sich die leeren Bierflaschen, die er während ich in der Arbeit war, trank.
Er verlor wegen Trunkenheit am Steuer 2 mal seinen Führerschein. Beim zweiten Mal musste er die MPU absolvieren. Da er hierfür abstinent sein musste, vergingen 3 Jahre bis er es endlich schaffte, seinen Führerschein zurückzubekommen. Dies war im Juli 2024.
Es wurde während seiner abstinenten Phase zeitweise besser, zumindest was seinen Alkoholkonsum verständlicherweise und sein aggressives handgreifliches Verhalten mir gegenüber betrifft. Doch kaum hatte er den Schein wieder, wurde der Bierkonsum wieder schleichend mehr.
Im Januar/Februar diesen Jahres dann der Bruch. ER verließ mich aus heiterem Himmel nach über 9 Jahren Beziehung…nach jahrelangem Kampf und Aufopferung. Mir zog es den Boden unter den Füßen weg.
Knapp 2 Wochen später erfuhr ich, dass er eine Neue hat, bei der er sogleich einzog und nun auch wohnt. Nun spielt er dort sein „Spiel“ weiter und beginnt sein Lügenkonstrukt erneut aufzubauen.
Er spielt immer noch…spielte während unserer kompletten Beziehung. Sein Schuldenberg müsste zwischenzeitlich auf ca. 130.000€ angewachsen sein. Auch mir schuldet er natürlich noch Geld.
Nach über 9 Jahren bin ich widerwillig der Teufelsspirale entkommen. Vielleicht sollte ich ihm dankbar sein?…es tut aber immer noch verdammt weh, denn ich liebte ihn oder tu es irgendwo immer noch…oder ist es nur die sogenannte Co-Abhängigkeit?…ich weiß es nicht…jedenfalls wurde ich entsorgt und ersetzt, einfach ausgetauscht…dies stürzte mich in eine tiefe Depression. Durch diese traumatische Beziehubg befinde ich mich seitdem in psychologischer Behandlung. Mir geht es zeitweise besser, doch es kommt immer mal wieder zu Einbrüchen.
Jedenfalls war das im Groben meine Geschichte…Danke fürs Lesen und sorry für den langen Text