Aber das was Du hier schreibst ist die Krankheit
Ich versteh, warum du das denkst – aber da liegt ein ganz grundlegender Denkfehler drin.
Denn was ich beschrieben habe, ist nicht die Glücksspielsucht selbst, sondern etwas ganz anderes.
Glücksspielsucht ist eine anerkannte Krankheit.
Sie verändert das Gehirn, vor allem das Belohnungssystem.
Es wird Dopamin ausgeschüttet – ähnlich wie bei harten Drogen – und das führt dazu, dass das Hirn auf Dauer neu „programmiert“ wird.
Man verliert die Fähigkeit zur Selbstkontrolle, weil die Impulse automatisch ans Belohnungssystem gekoppelt sind.
Da redet man nicht von Faulheit, da redet man von einem echten neurologischen Hijack.
Ein Kontrollverlust, der nichts mehr mit Charakter oder Entscheidung zu tun hat.
Aber:
Das, worauf ich hinauswollte, ist ein ganz anderer innerer Anteil.
Der Teil, der nicht fremdgesteuert ist.
Der nicht unter Zwang steht.
Der einfach nur bequem ist.
Der weiß, was er tun müsste – es aber nicht tut.
Der aufschiebt, sich rausredet, Verantwortung abgibt, Ausreden findet.
Und der hinterher nicht leidet wie jemand im Suchtdruck – sondern sich einfach nur ein bisschen blöd vorkommt, weil er es wieder nicht gebacken gekriegt hat.
Das ist keine Krankheit. Das ist eine Charakterschwäche.
Und das ist wichtig zu unterscheiden.
Denn wenn man beginnt, solche menschlichen Schwächen als Teil der Sucht zu labeln,
dann macht man die Krankheit größer, als sie ist – und gleichzeitig jede Form von Verantwortung unsichtbar.
Ich sag das übrigens nicht aus Distanz. Ich war selbst glücksspielsüchtig.
Ich kenn den Kontrollverlust – und ich kenne auch diesen bequemen Anteil in mir,
der viel länger überlebt hat als die akute Suchtphase.
Und gerade deshalb weiß ich:
Die Sucht musste behandelt werden.
Aber der faule, feige Teil in mir – der brauchte keine Therapie.
Der brauchte Ehrlichkeit. Und Konsequenz.
Deshalb ist es ein bisschen zu kurz gedacht – oder sagen wir: ein bisschen ungenau – wenn du sagst, ich hätte „einfach die Krankheit beschrieben“.
Weil das, was ich beschreibe, auch in Menschen lebt, die nie süchtig waren –
aber trotzdem jeden Tag Dinge aufschieben, sich rausreden, sich selbst belügen.
Nicht alles, was nach Sucht aussieht, ist Sucht.
Und nicht alles, was unbequem zu hören ist, braucht eine Diagnose.
Manchmal reicht ein Spiegel.