Der Blutdruck dieses Glücksspielrechtlers steigt jedes Mal beim Öffnen des neuen Hefts der Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht (ZfWG), heute der Nr. 6.
Daraus zunächst ein Zitat zur Geschäftsführerhaftung, da am Freitag ein Urteil des LG Köln (Az. 32 O 366/24) dazu erwartet wird:
Hilf/Umbach, ZfWG 2025, Neue EuGH-Rechtsprechung zum Glücksspielrecht, 434, 436f.
Prof. Dr. Juliane Hilf ist Partnerin und Klaus Umbach Principal Associate im Düsseldorfer Büro von Freshfields.
"Zur persönlichen Haftung von Geschäftsführern (Schlussanträge in der Rechtssache C-77/24)
a) Sachverhalt und Vorlagefragen
In dem Verfahren C-77/24 (Wunner) verklagte ein österreichischer Spieler die ehemaligen Geschäftsführer einer insolventen maltesischen Glücksspielgesellschaft persönlich auf Ersatz seiner Verluste. Die Klage stützte sich auf österreichisches Deliktsrecht (§ 1311 ABGB); der Verstoß gegen ein Schutzgesetz – hier das österreichische Glücksspielgesetz – soll eine Schadensersatzpflicht begründen. Der österreichische Oberste Gerichtshof legte dem EuGH die Frage vor, welches Recht nach der Rom-II-Verordnung anzuwenden ist. Insbesondere war zu klären, ob die Ausnahme für gesellschaftsrechtliche Sachverhalte (Artikel 1 Abs. 2 lit. d) eine solche deliktische Geschäftsführerhaftung erfasst und, falls nicht, wo der „Schadensort“ im Sinne von Artikel 4 Abs. 1 der Rom-II-Verordnung liegt.
b) Zu den Schlussanträgen des Generalanwalts
Generalanwalt Emiliou schlug in seinen Schlussanträgen vom 12. Juni 2025 vor, die gesellschaftsrechtliche Ausnahme in Artikel 1 Abs. 2 lit. d der Rom-II-Verordnung eng auszulegen. Sie erfasse nur Pflichten, die sich aus der Organstellung des Geschäftsführers innerhalb der Gesellschaft
ZfWG 2025 S. 434 (437) ergeben, nicht jedoch die Haftung für Verstöße gegen allgemeine Gesetze, die für jedermann gelten. Als ein solches allgemeines Gesetz stufte der Generalanwalt das Verbot, Glücksspiele öffentlich ohne behördliche Erlaubnis oder Konzession anzubieten, ein. Die Haftung sei daher nach den allgemeinen Kollisionsnormen zu bestimmen.
Für die Bestimmung des anwendbaren Rechts nach Artikel 4 Abs. 1 der Rom-II-Verordnung argumentierte der Generalanwalt, der „Schaden“ sei dort eingetreten, wo der Spieler an den Glücksspielen teilgenommen habe. Da die Dienste der maltesischen Glücksspielgesellschaft gezielt auf Österreich ausgerichtet gewesen seien, sei dies der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Spielers. Folglich sei österreichisches Recht anwendbar.
c) Erste Einordnung
Sollte der EuGH den Schlussanträgen in der Sache folgen, hätte dies erhebliche Konsequenzen für Spielerklageverfahren. Es könnte die Chance von Klägern verbessern, die Geschäftsleitung von Glücksspielanbietern persönlich nach dem für sie günstigeren Recht ihres Heimatstaates in Anspruch zu nehmen. Gleichzeitig würde dies das Haftungsrisiko für das Management von Online-Glücksspielunternehmen – insbesondere solchen in der Insolvenz – drastisch erhöhen."
Quelle linkedin ( Dr. michaelsen)